Der Energiebedarf unseres Altbaus ist zum aktuellen Zeitpunkt schlecht. Sehr schlecht. Mit einem Primärenergiebedarf nach EnEV von etwa 350 kWh/(m²a) und einem Endenergiebedarf um ca. 250 kWh/(m²a) werden wir in Zukunft bei den jährlichen Energiekosten tief in die Tasche greifen müssen. Dazu hat der Bund sogar einen neuen Begriff geprägt: das Worst Performing Building. Wenn wir nicht sanieren. Dazu braucht es auch neue technische Lösungen: Es braucht ein neues Energiekonzept!
Daher haben wir für uns eine Strategie zur Modernisierung entwickelt um das Objekt auf Stand zu bringen. Ziel ist nicht nur ein irgendwie gearteter Stand. Wir möchten, dass unser Altbau in Zukunft besser als Neubaustandard ist. Fachsprachlich heißt ein solches Haus Effizienzhaus Plus. Es definiert ein Gebäude, das über ein Jahr betrachtet mehr Energie erzeugt, als es selbst verbraucht. Viele Aspekte sind dazu im Sinne der Energieeffizienz positiv zu beeinflussen.
Bei einer energetischen Sanierung gibt es entweder Lösungen zur Reduktion des Energiebedarfs oder es wird möglichst viel Energie aktiv vor Ort gewonnen. Ein hochwertiges Energiekonzept muss wie ein Sanierungsfahrplan beide Aspekte bearbeiten.
Unser Energiekonzept
Da wir aber in Zukunft nicht in einem erweiterten Technikkeller wohnen wollen, haben wir uns zuerst um die Minderung der Bedarfe gekümmert. Es braucht dabei vor allem Dämmung und die Schließung von Undichtigkeiten der Gebäudehülle. Investitionen an dieser Stelle sind immer auch Maßnahmen zur Instandhaltung der Gebäudehülle. Und da diese Bauteile sehr langlebig sind, optimieren wir gerade hiermit auch den Wert unseres Hauses.
Den verbleibenden Energiebedarf decken wir dann über die Gebäudetechnik. Daher war unser Ziel, die eingebaute Technik so einfach wie möglich zu halten. Einerseits glauben wir, dass ein solches Energiekonzept gut zum Haus passt. Andererseits geht bei wenig Technik auch wenig Technik kaputt.
Energiebedarfe minimieren | Energiebereitstellung optimieren | |
Wärme | Dämmung der Gebäudehülle (Ausbau & Dämmung des Daches, Fassadendämmmung, Dämmung gegen kalten Keller); Wärmebrückenfreiheit, Schließung von Undichtigkeiten der Gebäudehülle (Nachgewiesen mittels Blower-Door-Test), Dämmung der Leitungen im Keller | Erweiterung der Zentralheizung bis ins Obergeschoss, Einbau einer Luft-Wasserwärmepumpe |
Kälte | Aktivierung der massiven Baukonstruktion durch Nachtluftkühlung | Steuerung der Dachfenster mittels Gebäudeautomation / Sensor zur sommerlichen Nachtkühlung |
Lüftung | Weitgehend natürliche Lüftung, Einbau von geregelten Abluftanlagen nach DIN 18017 in beiden Bädern | Steuerung der Dachfenster mittels Gebäudeautomation / Sensor zur geregelten Durchlüftung |
Licht | Verbesserte natürliche Belichtung durch vergrößerte Fensterflächen in Süd- und Ostfassade sowie dem Dach | Verkleinerung der schaltbaren Zonen um definierter Beleuchtungsbedarfe zu bedienen, Nutzung hocheffizienter Beleuchtungstechnik über LED-Beleuchtung |
Strom | Erneuerung der Elektrik, Nutzung von effizienten Geräten | Einbau einer PV-Anlage |
Energiefluss im Energiekonzept
Alle Teile der Gebäudetechnik im Energiekonzept kann man dabei durch ein sogenanntes Energieflussdiagramm darstellen. Hier ist erkennbar, aus welchen Energiequellen das Gebäude seine Energie bezieht und welche Energietechnik dazu notwendig ist.
Zukünftige energetische Leistungsfähigkeit
Das Haus wird nach EnEV sowie für die KfW-Berechnung einen Endenergiebedarf von 31,5 kWh/(m²a) und einen Primärenergiebedarf von 57 kWh/(m²a) haben. Das einspricht einer Reduktion zum aktuellen Stand von rund 87% für den Endenergiebedarf und rund 84% im Primärenergiebedarf. Dazu wird auch die Nebenanforderung der EnEV für Neubauten, der mittlere Wärmedurchgangskoeffizient Ht`, um 15% unterschritten. Unser Altbau entspricht daher nach der Sanierung dem KfW-70 Standard. Er ist 30% besser als ein aktueller Neubau gemäß EnEV.
Dazu muss man wissen, dass für die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Gebäude im Rahmen der EnEV jeweils nur der Energiebedarf in einer sogenannten Monatsbilanz betrachtet wird. Ist kein Bedarf vorhanden, wird er rechnerisch in der Bilanz nicht erfasst. PV-Anlagen im Energiekonzept „lohnen“ sich daher im Rahmen der Energiebilanzierung nur als kleine Anlagen. Die Berechnung hat aber natürlich nichts mit dem späteren Energiebedarf zu tun, denn Beleuchtung und Nutzung werden im Rahmen der EnEV für Wohngebäude nicht erfasst. Baut man – wie wir – eine große Anlage, lässt sich dieser also nicht angemessen in der EnEV abbilden.
Effizienzhaus Plus
Trotzdem spart Photovoltaik natürlich massiv CO2 und auch Geld ein. Es ist also in den allermeisten Fällen sinnvoll, solche Technik an Wohnhäusern umzusetzen. Um Bauherrn hier eine deutlich bessere Bewertung des angestrebten Energiekonzepts zu ermöglichen, hat das Fraunhofer IBP den sog. Effizienzhaus Plus Rechner erarbeitet. Er ermittelt einerseits den Bedarf und erfasst gleichzeitig die gesamte lokale Energieerzeugung. Ähnlich eines klassischen Energieausweises werden dann Bedarf und Erzeugung zusammen dargestellt.
Erst durch die Betrachtung nach Effizienzhaus Plus hat man dann die Sicherheit, dass das Haus sowohl in Endenergie als auch Primärenergie einen Überschuss erzeugt. Solche Häuser sind damit nicht nur CO2-neutral. Sie sorgen sogar im Energiesystem für einen erhöhten Anteil an regenerativ erzeugtem Strom. Und sind damit neben dem baulichen Wert für die Bewohner nach der Sanierung auch aktiver Klimaschutz.
Da habt ihr euch viele Gedanken gemacht, toll! Habe ich das richtig verstanden, dass ihr diesen Energiestandard hinbekommt, obwohl ihr auf WDVS und neue Fenster verzichtet?
Liebe Grüße
Katharina
Der Energiestandard ist rein über die Energiegewinnung kaum erreichbar – das liegt aber nur bedingt an der Gebäudehülle. Wichtig für ein solches Energiekonzept ist die strombasierte Energieversorgung – z.B. über Wärmepumpen. Und die ist nur dann effektiv, wenn die Vorlauftemperaturen im Bereich der Heizung nicht zu hoch sind. Will heißen, dass man eine Gebäudehülle etwa in der Größenordnung von KfW 70 erreichen sollte.
Dass du glaubst, dass wir nicht Dämmen und die Fenster nicht austauschen nehmen wir dabei gerne als Kompliment für unsere Planung. Denn es war immer das Ziel, die Sanierungsmaßnahmen so zu gestalten, dass der alte Charakter des Hauses wieder zum Vorschein tritt. Möglich, wie man sieht!
Danke für die Antwort! Finde ich toll, dass ihr den alten Charakter des Hauses wieder aufleben lässt. In der Tabelle oben ist unter dem Punkt „Dämmung der Gebäudehülle“ nur von: „Ausbau des Daches, Dämmung gegen kalten Keller“ zu lesen, daher die Frage 🙂
Liebe Grüße,
Katharina
Ich denke, dass man beim Sanieren der Fenster durchaus Energie einsparen kann. Wir haben mit unserem Fensterbauer darüber gesprochen und haben die von Ihnen erwähnten Undichtigkeiten festgestellt. Diese werden wir ausbessern. Vielen Dank für den Beitrag!
Vielen Dank, dass ihr so anschaulich darlegt, welche Maßnahmen ihr umsetzt. Interessant ist auf jeden Fall auch das automatische Belüftungskonzept. Unsere Wohnung hat einen mittleren Energie-Standard. Wir möchten nun die Bäder und die Küche neu machen lassen. Langfristig wollen wir auch eine Fotovoltaikanlage. Wir haben nicht genug Geld, alles sofort machen zu lassen, aber wir wollen, das alles „future-ready“ ist.
Hallo Antonia,
Im Eigenheim geht nie etwas von jetzt auf gleich. Und das ist auch gut so, denn man ändert ja entsprechende den eigenen Lebensbedingungen und auch die ändern sich ja schrittweise.
Wichtig ist nur, dass ihr von Beginn an ein Modernisierungskonzept verfolgt, dass ihr schrittweise umsetzt. Mit Bädern und Küchen zielt ihr z.B. auf Bereiche ab, die oft maßgeblich in einem Lüftungskonzept sind. Wenn ihr schon wisst, was ihr langfristig erreichen wollt, könnt ihr bei aktuellen Maßnahmen schon die eine oder andere gute Grundlage für die kommenen Maßnahmen legen (z.B. Durchmesser Lüftungsöffnungen schon ausgelegt auf den bauphysikalisch notwendigen Grundluftwechsel des gesamten Hauses).
Wir wünschen viel Erfolg!
Vielen Dank für die Informationen über Energiekonzepte für ältere Gebäude. Mein Haus muss die Heizungsanlage renoviert werden. Ich werde mit einem Fachmann sprechen, um Hilfe für das Heizsystem meines Hauses zu bekommen.
Danke für den Beitrag über Energiekonzepte von Altbauten. Mein Vater wohnt in einem Altbau und hat vor kurzem eine Luftdichtheitsmessung durchführen lassen, um zu sehen, wie energieeffizient sein Haus ist. Interessant, dass ein hochwertiges Energiekonzept die Aspekte der Reduktion des Energiebedarfs und des Gewinns von Energie vereinen muss.
In unserem Haushalt überlegen wir auf Photovoltaik-Anlagen umzusteigen, sind uns aber noch unsicher. Uns war bewusst, dass Photovoltaik Geld einsparen kann, wenn die Lage der Anlage gut umgesetzt wird, aber das man auch massiv CO2 sparen kann war uns nicht klar. Ich werde mich noch mal mit einem Unternehmen auseinandersetzten, dass sich mit Energietechnik auskennt.
Gut zu wissen, dass ein Effizienzhaus eine Reduktion von rund 87 % für den Endenergiebedarf und rund 84 % im Primärenergiebedarf genießt. Mein Onkel möchte sein Haus auf dem Lande in ein Effizienzhaus umwandeln. Er erhofft sich dadurch eine derart hohe Reduktion des End- und des Primärenergiebedarfs.