Erst schrittweise nach dem Kauf findet man im Altbau die Punkte, die Bauen im Bestand zum Abenteuer machen. Eine dieser Punkte an unserem Haus war, dass der Sturz über dem Fenster im Treppenhaus gerissen war. Die Überraschung darüber, haben wir damals auch schon in einem Blogbeitrag festgehalten. Seitdem war klar, dass wir einen Neuen einsetzen müssen. Und dabei gegebenenfalls auch den Sturz hochsetzen. Aktiv angegangen sind wir das Thema aber nicht. Wir haben einfach damit gelebt. Das hatte zunächst mit dem entstehenden Dreck und Staub zu tun, war aber auch eine Frage des Aufwands. Wie immer im Leben kann man aber die wichtigen Themen nur schieben und nicht darauf hoffen, dass sie sich von alleine lösen.
Bei der Bestellung unserer neuen Fenster sind wir aber schon davon ausgegangen, dass die Maßnahme notwendig ist und so hatten wir uns entschieden, das Fenster für eine bessere Belichtung des Treppenhauses und des zentralen Verteilers im Obergeschoss zu erhöhen. Um weiterhin in die Proportionen des Altbaus zu passen, haben wir es mit einem horizontalen Riegel bestellt. Nun steht bald der Fensterbauer vor der Tür und möchte seine Fenster natürlich auch in die passenden Öffnungen setzen. Keine Zeit mehr zum Aufschieben.
Sturz hochsetzen – Vorgehen
Empfehlenswert ist dabei im Altbau, Stürze nicht aus einem Träger, sondern aus zwei Trägern zu erstellen. Lösbar ist dies vor allem mit dem Trägermaterial Stahl. Lasttechnisch optimiert sind dabei sogenannte IPE-Träger, die besonders auf die statische Höhe optimiert sind. Bei einer klassischen zweischaligen 24er Mauerwerkswand (oder wie in unserem Fall aufgrund des Reichsziegelformats 25er Mauerwand) kann man in einem solchen Fall zunächst einen „halben Sturz“ einsetzen. Er trägt kurzfristig die gesamte Last (ggf. unterstützt durch einen Sprieß) während man den zweiten Teil des Sturzes ergänzt. Natürlich nur, wenn der Statiker dafür grünes Licht gibt.
Um den ersten halben Sturz von außen einzusetzen, haben wir zunächst mit dem Anzeichnen begonnen. Akkurat mit der Flex vorgeschnitten, lässt sich dann der Putz präzise entfernen.
Unser Bauprozess
Leider haben unsere Wände bzw. unser Mauerwerk dem Maurerspruch: „Wasser und Sand gibt auch ´ne Wand“ doch sehr verinnerlicht. Der historische Mörtel hat wenig mit dem heutigen Mauermörtel gemein und lässt sich tatsächlich mit sehr geringen Mitteln auskratzen. Die Folge bei uns war, dass die über dem zukünftigen Sturz liegende Wand schon beim ersten Ausschlagen instabil wurde. Letztlich haben wir die gesamte Konstruktion bis zum Traufbalken entfernt, um sie nach der Montage des Sturzes wieder aufzumauern.
Gelernt haben wir dabei auch, dass zum Bauzeitpunkt die Steine verwendet wurden, die eben da waren. Wir haben dabei auch eine stattliche Anzahl von halben Steinen gefunden. Dazu kamen frühe Hochlochziegel, die eine sehr geringe Rohdichte und Festigkeit aufweisen. Damit war der Schubverbund der Wand stark gestört. Auch ein Grund, warum die Wand unseres Hauses genau an dieser Stelle nachgegeben hat und besonders stark Risse gezeigt hat.
Vorteil der kompletten Entfernung ist dabei, dass man ein besonders gutes Mörtelbett für das Sturzauflager legen kann. Denn oft wird diese Stelle beim „Sturz hochsetzen“ nur notdürftig zugestopft. Und dass das Aufmauern in der Regel zeitlich auch eher wenig Zeit kostet. Denn die Alternative ist ein Vermörteln der über dem Sturz entstehenden Fuge. Und das braucht filigran arbeitende Hände, um eine gute Qualität zu erzeugen und die hohen Drucklasten sicher aufnehmen zu können.
Darüber hinaus konnten wir besonders weiche Steine in der Konstruktion austauschen – was gerade dann Sinn macht, wenn man in der Folge mittels Außendämmung das Haus umfassend dämmt. Denn dann ist die geringere Dämmqualität des Mauerwerks, für die die Hochlochziegel in den 20er Jahren eingesetzt wurden, nicht mehr entscheidend. Der Schubverbund und damit die Festigkeit führen zu einem verbesserten Tragverhalten der Dämmung und die Schwachstelle der „Bewegungsfuge“ des Hauses im Treppenhausbereich wurde so behoben.
Hallo,
ich habe gerade mit wachsendem Interesse den Artikel über den Fenstersturz gelesen, denn wir stehen vor einem ähnlichen Problem. Die IPE Lösung klingt gut, aber wie verkleidet man später den IPE, um dort verputzen zu können und späteren eventuellen Rost zu vermeiden? Wir haben zB eingemauerte Gusssäulen, die trotz Entfernung des Putzes und Behandlung mit Korrosionsschutz wieder anfangen zu blühen und den Putz brechen lassen.
Viele Grüße
m.Peter