Wenige Eigentümer haben die Zeit und das Kapital, einen Altbau auf einen Schlag umfassend zu sanieren. Aber viele möchten natürlich ihr Objekt instand halten und energetisch sanieren. Und oft wissen die Besitzer der Immobilien noch nicht, welche Maßnahmen sich für ihr Objekt im speziellen eignen. Hier hilft eine Energieberatung, um die wichtigen Stellschrauben am eigenen Objekt zu finden. Besonders hilfreich ist dabei ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP).
Gerade aufgrund des verfügbaren Kapitals laufen Sanierungen in der Regel Schritt für Schritt. Aber auch der Bedarf für die dauerhafte Wohnnutzung schränkt Eigennutzer in ihrem Sanierungsvorgehen deutlich ein. Die Sanierung von Wänden, Fenstern, Heizung, Innenraum und Dach gilt es zu planen. Ein Prozess, der in der Umsetzung durchaus über mehrere Jahre hinweg laufen kann. Parallel geht dann natürlich auch mal etwas kaputt. Kein Ding hält ewig.
Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) stimmt die energetischen Maßnahmen dabei so aufeinander ab, dass die Summe aus Einzelmaßnahmen schlussendlich ein funktionierendes Gesamtpaket ergeben. Er basiert dabei grundlegend auf der Methode der EnEV oder des GEG. Schwerwiegende Fehlinvestitionen werden so vermieden. Und die Maßnahmen werden so gereiht, dass die ersten Maßnahmen die Kosten der Folgemaßnahmen schon senken. Er spart also letztlich bares Geld.
Hintergrund des individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP)
Ein mögliches Ergebnis der klassischen Vor-Ort-Beratung durch Energieberater ist der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP). Er wird für die Sanierung von Ein-, Zwei-, oder Mehrfamilienhäusern erstellt, die durch einmalige Maßnahmen oder schrittweise umfassend saniert werden sollen.
Entwickelt wurden Inhalt und Vorgehen zur Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Ziel war es seitens des Ministeriums den Klimaschutzplan 2050 umzusetzen und Hauseigentümer in die Lage zu versetzen, Sanierungen auch sinnvoll und effizient durchzuführen. Dabei wurde das Bundesministerium durch renommierte Einrichtungen im Bereich des energieeffizienten Bauens in Deutschland unterstützt und sogar in einer Pilotanwendungsphase im Jahr 2017 eine Evaluierung der Ergebnisse vorgenommen.
Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) fasst die Ergebnisse der Energieberatung zusammen und liefert einen vereinfachten Überblick über die geplanten Maßnahmen für die Sanierung. Er wird dabei im Rahmen der Vor-Ort-Beratung seit dem 1. Juli 2017 vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als Ergebnis einer Energieberatung anerkannt und gefördert.
Energieberater müssen das Instrument dabei nicht einsetzen. Es strukturiert aber den Beratungsablauf und unterstützt beim aufwendigen Verfassen und Gestalten von individuellen Ergebnisberichten. Ebenso entsteht darüber eine bundesweite Vereinheitlichung zur Darstellung von Energieberatung. Insofern ist es bei einer anstehenden Energieberatung sinnvoll, bei einem zu beauftragenden Energieberater bewusst nachzufragen ob das Tool genutzt wird.
Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP)
Ein individueller Sanierungsfahrplan legt Immobilienbesitzern und damit potenziellen Bauherren die Möglichkeiten für eine Sanierung dar. Entweder Schritt für Schritt oder auf einen Schlag. Der Prozess zur Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplan ist dabei klar gegliedert:
- Erstes Beratungsgespräch
- Erfassen des energetischen Ist-Zustandes der Immobilie
- Entwicklung von Sanierungsvorschlägen
- Erstellung und Abstimmung eines individuellen Sanierungsfahrplans
- Abschlussgespräch
- ggf. Umsetzen und sanieren
Im Rahmen der Bearbeitung entstehen dabei zwei Booklets für Hauseigentümer:
- „Mein Sanierungsfahrplan“, der alle wichtigen Informationen zusammenfasst, sowie
- die „Umsetzungshilfe für meine Maßnahmen“, die Erläuterungen zu den angedachten Maßnahmen, die Darstellung möglicher gemeinsam umzusetzender Pakete und die Kosten auflistet.
Zur leichteren Lesbarkeit erfolgt dabei zur energetischen Bewertung eine Anlehnung an die schon vom Energieausweis bewährte Farbskala von Rot (schlecht) nach Grün (gut). Dabei wird zwischen dem Ist-Zustand und dem Zielzustand unterschieden. Im Vergleich erkennt man sofort die zu bearbeitenden Bauteile als auch die aktuelle und die zukünftige energetische Qualität der Immobilie. Dadurch wird der Bericht einfacher lesbar, verständlicher und die Umsetzung wahrscheinlicher. Und das selbst wenn keine vertieften energetischen oder sogar bauphysikalischen Kenntnisse bei den Bauherren vorhanden ist.
Die Zusammenstellung der Sanierungsmaßnahmen baut sich anhand unterschiedlicher Aspekte auf. Sie richten sich nach:
- dem Gebäude und seiner Baukonstruktion,
- den Aspekten Klimaschutz und Energiekosten-Einsparung,
- den Lebensumständen der Bewohner und den individuellen Wünschen des Bauherrn und
- möglichen Umsetzungsschritten.
Alle notwendigen energetischen Sanierungsmaßnahmen werden dabei vorausgeplant. Ein individueller Sanierungsfahrplan gibt somit einen langfristigen und detaillierten Überblick über das Thema Sanierung und Energieeinsparung. Ein Beispiel gibt dabei auch der Muster-Sanierungsfahrplan auf der Internetseite des BMWK.
Kosten eines individuellen Sanierungsfahrplans
Für den Endkunden kosten bei Ein- und Zweifamilienhäusern die Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans in der Regel zwischen 300 bis 1000 €. Das ist günstig, denn das BAFA zahlt zusätzlich an den Energieberater bis zu 80 % der Kosten für eine Energieberatung mit individuellem Sanierungsfahrplan. Die erstellte Leistung ist damit in der Regel deutlich mehr wert. Der maximale Zuschuss liegt bei Ein- und Zweifamilienhäusern bei 1300 € sowie bei größeren Wohngebäuden bei 1700 € (Stand 10/2022). Wohnungseigentümergemeinschaften erhalten zusätzlich einen einmaligen Zuschuss von bis zu 500 Euro. Dazu muss der individuelle Sanierungsfahrplan in der Wohnungseigentümerversammlungen vorgestellt und erläutert werden.
Besonders interessant wird der individuelle Sanierungsfahrplan jedoch bei Bauherren, die in der Folge in die Sanierung ihres Objektes gehen. Denn für diese gibt es als Bonus einen Extra-Zuschuss für jedes zu sanierende Bauteil, das im Rahmen des individuellen Sanierungsfahrplans benannt wurde. Dazu muss die Umsetzung des Fahrplans jedoch in mehreren Sanierungsschritten erfolgen. Zu der Basisförderung (meist 15% in Form der Bundesförderung für effiziente Gebäude – BEG) kommen dann vom BAFA weitere 5 % dazu. Entgegen früherer Regulierungen ist es aber nicht mehr für Sanierungen oder den Austausch von Heizungsanlagen sowie das Programm 261 der KfW anwendbar (Stand 10/2022).
Ab Sanierungskosten über 20.000 € ist es daher zumeist billiger, mit individuellem Sanierungsfahrplan zu sanieren, als ohne. Zumindest dann, wenn man eine Förderung über die Förderschiene der Einzelmaßnahmen im BEG anstrebt. Und diese Kosten werden für die energetische Sanierung eines üblichen Wohnhauses in der Regel deutlich überschritten.
Schwächen des individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP)
Der individuelle Sanierungsfahrplan hat aber natürlich nicht nur Stärken sondern auch Schwächen. Eine zentrale ist dabei die betrachtete Systemgrenze. Zum Zeitpunkt der Entwicklung war dabei nämlich für die Bundesregierung klar, dass Gebäude vor allem einen möglichst geringen Endenergiebedarf haben sollen und für geringe Lastspitzen in der Energieversorgung sorgen sollen. Einen besonderen Beitrag zur Energieversorgung durch Gebäude hatte man damals noch nicht als Thema gesehen. Das hat sich bis heute deutlich geändert: So werden z.B. durch das Energie-Einspeise-Gesetz auch PV-Anlagen mit Volleinspeisung ins Netz sehr gut gefördert. Entsprechend ärgerlich ist es, dass PV als Technologie im individuellen Sanierungsfahrplan nicht bewusst vorgesehen ist. Es kann also sein, dass der individuelle Sanierungsfahrplan nicht ganz bedarfsgerecht für den Gebäudebesitzer ist.
Bei besonderen Projekten kann die Vereinfachung zur besseren Lesbarkeit des individuellen Sanierungsfahrplans mitunter auch ein wenig zu stark erfolgt sein. Ausführliche Abschlussbericht einer BAFA-Vor-Ort-Beratung sind mitunter deutlich ausführlicher und detailreicher.
Letztlich hat sie Zerlegung einer Gesamtsanierung in einzelne Maßnahmen natürlich immer auch das Problem, dass die Bewertung nur aus dem Hier und Heute erfolgen kann. Dazu waren die wirtschaftlichen, technischen und politischen Entwicklungen in den letzten Jahren – selbst bei der reduzierten Darstellung von wenigen Schlaglichtern – sehr vielfältig:
- Wie entwickeln sich Immobilienpreise und Zins für Kredite?
- Wer hätte vor einem Jahr mit dem heute sichtbaren, massiven Gas- und Strompreisanstieg gerechnet?
- Welchen Einfluss hat die Ressourcenverfügbarkeit auf die Baupreise?
- Wie ist die Entwicklung innovativer Speicher und ihrer Kosten gerade im Strombereich zu bewerten?
- Welche Optionen werden in Zukunft durch die deutsche Förderlandschaft geboten?
Entsprechend sollte man, je länger die Erstellung des individuellen Sanierungsfahrplans zurückliegt, die entscheidenden Aussagen noch einmal validieren.
Warum hat unser Haus keine individuellen Sanierungsfahrplan?
Zusammenfassend kann man sagen, dass der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) eine wirklich gute Hilfe für die energetische Sanierung im Bestand ist. Trotzdem hat unser Projekt keinen solchen Sanierungsfahrplan, wenngleich wir die notwendigen Inhalte alle vorliegen haben. Grund war, dass die integrale Sanierung durch die KfW zum Zeitpunkt unserer Sanierung deutlich höher und investitionskostenbezogen flexibler gefördert wurde. Es lag auch daran, dass wir neben dem Thema der energetischen Sanierung auch die Wohnraumerweiterung sowie die Umgestaltung im Innenraum im Fokus unserer Sanierung war. Entsprechend ist unser Projekt als Sanierung zu einem Effizienzhaus 55 gefördert.
Mit der Anpassung der Förderrahmenbedingungen für Effizienzhäuser im Jahr 2022 sind die erzielbaren wirtschaftlichen Vorteile durch die KfW-Förderung jedoch im Verhältnis zur BAFA-Förderung deutlich gesunken. Es ist zu vermuten, dass daher für die energetische Sanierung im Bestand der individuelle Sanierungsfahrplan immer mehr an Bedeutung gewinnen wird.
Titelbild: Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
Danke für den Beitrag Wir wohnen in einem alten Haus, wir möchten einen Energieberater besuchen und die Situation beurteilen. Jetzt fühlt es sich an, als würde viel verschwendet.
Liebe Suzanne,
in einem unsanierten Haus wird tatsächlich viel verschwendet. Ganz besonders Betriebsenergie und damit Betriebskosten. Gerade mit Blick auf den iSFP. Lassen Sie sich unbedingt auch Optionen für die Entwicklung ihres Altbaus geben und schauen Sie, wie sie die Themen der Sanierung auch in Ihr Leben eintakten können. Wir wünschen viel Erfolg!
Liebe Grüße
Franziska & Martin
Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Sanierungen. Interessant, dass bei einer energetischen Sanierung es immer auf den Einzelfall ankommt. Wir werden uns zu dem Thema dann definitiv noch einmal beraten lassen bevor wir unser Haus sanieren.