Wir sanieren in Deutschland schon seit Jahrzehnten im Altbau. Aktuell sind Handwerker für Sanierungen kaum zu gewinnen. Scheinbar muss es also gerade jetzt deutliche Fortschritte im Bereich der energetischen Optimierung im Gebäudebestand geben. In Wahrheit ist dies aber leider nicht der Fall. Wir sind im Bereich der Sanierung des Gebäudebestandes erst am Anfang von dem, was für ernsthaften Klimaschutz notwendig ist. Und das hat auch die Bundesregierung erkannt und deshalb neue Förderrahmenbedingungen für Sanierungen erlassen. Mit dem „Worst Performing Building“ (WPB) wurde am 22. September 2022 im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ein neuer Bonus zur Bestimmung der Förderhöhe für eine Sanierung eingeführt.
Besonders gefördert werden darüber Sanierungen, deren Gebäude vor der Sanierung zu den energetisch schlechtesten 25 Prozent des deutschen Gebäudebestandes gehören. Ein gutes Ziel. Dazu wird bei diesen Objekten ein zusätzlicher Bonus von 5 Prozent als Tilgungszuschuss gewährt. Immerhin geht es um bis zu 7.500 Euro an zusätzlicher Zinstilgung für die Sanierung. Eine echte zusätzliche Motivation für die entsprechenden Immobilienbesitzer.
Förderrahmenbedingungen der KfW
Der Worst Performing Building-Bonus wird für Sanierungen zu Effizienzhäuser 55 und 40 gewährt und gilt sowohl für Wohngebäude als auch für Nichtwohngebäude. Dabei ist er mit der EE-Klasse für den umfassenden Einsatz erneuerbarer Energien in der Energieversorgung kumulierbar. Und er kann ebenso mit der NH-Klasse für besonders nachhaltige Gebäude kombiniert werden.
Allgemein sollen durch „Worst Performing Building“-Bonus Gebäude erfasst werden, die zu den energetisch schlechtesten 25 Prozent des deutschen Gebäudebestandes gehören. Aber wie weist man so etwas nach?
Definition Worst Performance Building
Für den Nachweis, dass ein Wohnhaus im Sinne der BEG ein Worst Performing Building ist, könne zwei unterschiedliche Nachweiswege beschritten werden: einerseits mittels eines gültigen Energieausweis und andererseits über das Gebäudebaujahr und den Sanierungszustand der Außenwände.
1. Definition WPB über den Energieausweis
Ist ein gültiger Energieausweis vorhanden, der die Klasse H ausweist, wird das Wohnhaus als WPB im Sinne der BEG angesehen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Energieverbrauchs- oder Energiebedarfsausweis handelt. Der Zustand des Gebäudes muss noch dem Zustand entsprechen, zu dem der Ausweis entstand. Es dürfen also zwischenzeitlich keine Sanierungsmaßnahmen erfolgt sein.
Als ein Sonderfall für vor dem Jahr 2014 ausgestellte Energieausweise, aus denen die Klasse noch nicht hervorgeht, gilt der Endenergiebedarf des Gebäudes. Liegt dieser im Energieverbrauchs- oder Energiebedarfsausweis bei 250 kWh/(m²a) oder darüber ist das Gebäude ebenso ein Worst Performing Building.
2. Definition WPB über Baujahr und Sanierungszustand der Außenwand
Für Gebäude mit Baujahr vor 1958 kann darüber hinaus ein Nachweis auch über den Zustand der Gebäudehülle erfolgen. Als Baujahr gilt das Jahr der Baufertigstellung. Alternativ ist es zulässig, das Jahr des das Jahr des Bauantrags bzw. der Bauanzeige für die Bewertung zu nutzen.
Für den Nachweis eines Worst Performing Building müssen dabei 75% Fläche der Außenwand energetisch unsaniert sein. Dieser Mindestanteil der unsanierten Fläche der Außenwand muss dabei unmittelbar vor der Sanierung zum Effizienzhaus vorliegen.
Unsanierte Außenwände haben dabei keine maßgebliche Verbesserung des U-Werts – sprich: es wurde keine Dämmung angebracht. Stichtag für Dämmungsmaßnahmen ist dabei der 31.12.1983. Wurde eine Dämmung bis einschließlich des Stichtags angebracht, gilt sie nicht als maßgebliche Verbesserung. Wurde die Dämmung nach dem Stichtag angebracht, gilt sie unabhängig von der Art und der Dicke der Dämmung als energetische Sanierungsmaßnahme. Ausnahmen für Maßnahmen nach dem Stichtag werden darüber hinaus gemacht, wenn nur die Erneuerung oder Instandsetzung des Fassadenputzes oder das Aufbringen eines Wärmedämmputzes erfolgt ist.
War unser Haus vor der Sanierung ein Worst Performing Building?
Mittlerweile sind wir mit unserer Sanierung weitgehend abgeschlossen. Trotzdem hat es uns interessiert, wie einfach oder schwer es ist, ein Worst Performing Building nachzuweisen. Und so haben wir die Anforderungen rückwirkend für unser Haus einmal überprüft. Wir wussten natürlich, dass es sich vor der Sanierung um ein wirklich energetisch schlechtes Gebäude handelte. Und wir haben dazu natürlich auch alle alten Unterlagen und können daher beide möglichen Nachweiswege überprüfen.
- Weg 1 – Nachweis über den Energieausweis
Aufgrund der schlechten energetischen Performance unseres Hauses lag der ermittelte Endenergiebedarf gemäß Energieausweis aus dem Jahr 2013 bei 255,4 kWh/(m²a) und damit über den angegebenen 250 kWh/(m²a). Es stellte also ein Worst Performance Building dar – aber nur knapp. Bei dieser Bewertung spielte dabei der kleine, eingeschossige An- und Umbau (mit ca. 25m² Wohnfläche) aus dem Jahr 1998 eine zentrale Rolle. Übrigens ist in unserem Energieausweis schon die Effizienzklasse vermerkt: Mit der ausgewiesenen Effizienzklasse H erfüllt er ebenso die Bedingungen für Energieausweise ab 2014. - Weg 2 – Nachweis über das Baujahr und den Sanierungszustand der Außenwand
Unser Gebäude hat ein klar belegbares Baujahr: 1926. Damit wäre auch der Nachweis über die Außenwandflächen möglich. Trotz des kleinen Anbaus wäre der Nachweis über die unsanierte Außenwandfläche ebenso für unser Objekt ebenso eine Option. Die nach 1983 gedämmte Außenwandfläche des An- und Umbaus lag dabei bei ca. 18 Prozent. Da über den Bauantrag hierzu auch gut nachvollziehbare Unterlagen vorliegen, wäre dieser Weg für uns ebenso einfach zu dokumentieren.
Mögliche Folgen der besonderen Förderung
Beide Nachweiswege wären also für unser Haus erfolgreich gewesen. Und den ersten Weg werden aber vermutlich nicht die schlechtesten 25 %, sondern eher die schlechtesten 5-10% des deutschen Gebäudebestandes adressiert. Der einfachere, zweite Weg ist dabei gleichzeitig an ein Baujahr des Gebäudes vor 1958 gekoppelt. Da dies etwa 35 Prozent des Deutschen Gebäudebestands betrifft und ein Großteil der Gebäude im Bereich der Außenmauern noch weitgehend unsaniert ist, ist zu erwarten, dass die Mehrzahl der Anträge in Zukunft über Weg 2 erfolgen wird.
Was die verstärkte Förderung der Worst Performing Buildings nun in der Konsequenz heißt, wird sich zeigen. Vorstellbar ist Vieles: z.B. dass durch die Fokussierung auf die besonders alte Gebäudegruppe durch Sanierungen in Städten insgesamt städtebauliche Qualitäten verloren gehen. Vielleicht aber auch, dass die umfassende Förderung mit pro Wohneinheit von 150.000 Euro gerade diese baulichen und städtebaulichen Qualitäten besonders erhält oder sogar stärkt. Oder dass sich auf Basis der Baualtersdefinition besondere Quartiere für die Sanierung herausbilden, in denen sich Gebäude ähnlichen Baualters finden. Und vielleicht auch, dass es in Zukunft vielleicht sogar hilfreich im Verkauf einer Immobilie ist, einen besonders schlechten Energieausweis vorzulegen. Wir werden sehen. Sicher ist aber, dass sich bei solchen einem solchen Worst Performing Building die Sanierung besonders lohnt.